des Friedhofs


Zur Geschichte

Die jüdische Gemeinde in Bodenfelde, die sich ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bildete, erwarb den Platz für den Friedhof Anfang der 1820er Jahre laut der Broschüre „Gedenke und vergiss nie“ von D. Herbst und W. Schäfer. Der Friedhof hat eine Größe von ca. 650m2, die Gräber sind in 16 Reihen in Hanglage mit Blick nach Osten angeordnet. Umgeben wurde der Friedhof zur Zeit der Nutzung von einer Hecke, den Eingang bildeten ein Sandsteintorbogen und ein Holztor. Der Grabstein mit der ältesten lesbaren Inschrift ist der von Rahel Kahlberg, die am 12.11.1825 starb. Die Fläche des Friedhofs wurde außerdem 1913 durch einen oberen Bereich vergrößert. Nach Annahme von Herbst wurde das letzte Grab 1938 angelegt. Es ist das Grab von Simon Kahlberg.
Als Grabstätte wurde der Friedhof also im Zeitraum von 1825 bis 1938 genutzt. In dieser Zeit sind 134 Sterbefälle dokumentiert. Heute sind noch 79 Grabsteine vorhanden.  Die jüdische Gemeinde wurde am 17.6.1937 aufgelöst, da sie nur noch aus zwei Familien bestand. Die meisten Juden waren zu der Zeit schon dem Druck der Nationalsozialisten gewichen und hatten Bodenfelde bereits verlassen.
Anfang September 1939 wurde der Friedhof von SA-Mitgliedern aus Göttingen und Lippoldsberg verwüstet. Dabei wurden Eingangstor und zahlreiche Grabsteine zerstört, nach Vermutungen von Herbst auch entfernt.
Der Friedhof wurde nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder notdürftig in Ordnung gebracht. 1990 wurde er dann durch den Landesverband jüdischer Gemeinden in Niedersachsen, der bis heute Eigentümer ist, aufwendig restauriert. Seitdem betreut Detlev Herbst, Lehrer an der Sollingschule in Uslar, den Friedhof mit einigen Schülerinnen und Schülern.




Das Interesse an der Gedenkstätte jüdischer Friedhof Bodenfelde heute 

Nachkommen jüdischer Gemeindemitglieder

Im Interview betonte Detlev Herbst, dass der Friedhof immer wieder von Nachkommen jüdischer Einwohner aufgesucht wird. Dies wurde Herbst erstens bei seinen Kontakten mit Nachkommen berichtet und zweitens begleitete er auch selbst einige von diesen dorthin. Interessant ist auch, dass in neuen Kontakten, die Herbst mit Nachkommen pflegt, immer wieder eine der ersten Fragen die nach dem Zustand des Friedhofes ist. Bei solchen Kontakten erfuhr Herbst, dass Nachkommen den Friedhof nach der Schändung besucht hatten und sehr traurig über den Zustand waren.
Arnold Bender, ein Sohn einer aus Bodenfelde stammenden Jüdin und einer der bedeutendsten deutschsprachigen Exil-Schriftsteller, kehrte nach dem Krieg zu einem Besuch des Friedhofes zurück. Er schrieb 1949 einen Bericht über seinen Besuch und verglich den Friedhof der Nachkriegszeit mit dem aus seiner Erinnerung, als er noch ein Junge war. Seine Gefühle für den Friedhof  werden dabei deutlich. Bender beschreibt den Friedhof, wie er ihn als Junge kannte, als den schönsten, den man zu finden hoffen konnte. Er vereinte ländliche Schönheit und äußerste Stille. Durch seinen Bericht über den Besuch des geschändeten Friedhofes in der Nachkriegszeit kann man sehr gut seine Trauer um den Friedhof und über die NS-Verbrechen an seinen Vorfahren erkennen. Besonders deutlich wird dies, wenn er beschreibt, wie er über den zerstörten Friedhof wandert oder von den Dorfbewohnern mehr von dessen Schändung erfährt. Trotzdem, so schreibt er, habe der Friedhof nichts von seiner Schönheit und seinem Frieden verloren. Bender stellt sich vor, dass in Zukunft der Friedhof von der Natur zurückgeholt werde. Ich könnte mir aber denken, dass dies nicht Benders Wille war, da er als Jude einen Friedhof seiner Vorfahren sicherlich gepflegt haben mochte. Diese Vorstellung könnte also seine Trauer darüber ausdrücken, dass keines der Gemeindeglieder mehr da war, um den Friedhof zu pflegen. Somit wird auch wieder seine Trauer um die Zerstörung der Gemeinde seiner Vorfahren deutlich.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass sich die Nachfahren jüdischer Einwohner aus der Region noch sehr für den Friedhof interessieren und er ihnen weiterhin viel bedeutet. Es ist meiner Meinung nach eine gute Nachricht, dass diese Nachfahren bereit dazu sind wieder nach Deutschland kommen um nach ihren Wurzeln zu suchen.

Die Patenschaft des Friedhofes mit der Sollingschule in Uslar

Seit 1990/91 steht die Sollingschule in Uslar in einer Patenschaft mit dem Friedhof, diese wurde vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen bestätigt. Detlev Herbst machte den Vorschlag für die Patenschaft in seiner Schule, nachdem ihn Nachkommen jüdischer Gemeindeglieder fragten, ob eine Patenschaft bestehe. Schulklassen mit Kindern im Alter von elf bis vierzehn Jahren übernehmen unter Anleitung von Herbst hauptsächlich Arbeiten wie das Entfernen von Laubschichten und herumliegenden Ästen, das Wiederbefestigen von Grabeinfassungen, das Freiräumen von Wegen und das Absägen von Ästen, die den Friedhof und dessen Besucher gefährden könnten. Außerdem entziffern sie mit Herbsts Hilfe die Inschriften alter Grabsteine und legen nach jüdischer Tradition zum Gedenken kleine Steine auf die Grabsteine.
Die Patenschaft besteht um folgende Zwecke zu erfüllen: Als Erstes soll das Baudenkmal erhalten werden, da es neben der Synagoge mit das letzte Zeugnis der jüdischen Gemeinde in Bodenfelde ist. Es ist auch allein seiner Schönheit Willen erhaltenswert: Für Herbst und auch für viele bestätigende Stimmen ist der Friedhof mit seiner besonderen Lage von einmaliger Schönheit und eine Oase der Ruhe. Auch ich kann dies durch meine eigene Besichtigung bestätigen. Ein weiterer Zweck der Patenschaft soll sein, dass den Schülern die Bedeutung eines jüdischen Friedhofes erklärt wird. Dies hat laut Herbst auch folgende Absicht:
 
     „Ich möchte prophylaktische Arbeit leisten, weil ich davon ausgehe, dass sich die Schüler, die dort auf dem Friedhof gearbeitet haben, mit dem Hintergrundwissen über die Menschen, die dort gelebt haben und begraben sind, hoffentlich nie an Grabsteinen eines jüdischen Friedhofes vergreifen (...)“

Der Erfolg der Patenschaft lässt sich durch verschiedene Hinweise aufzeigen:
Durch eigene Beobachtungen kann ich bestätigen, dass der Friedhof sichtbar gepflegt ist. Ergebnisse von Aufräumarbeiten wie zum Beispiel laubfreie Gräber und Wege lassen sich erkennen. Die Freude über diese Ergebnisse zeigen der Landesverband der Jüdischen Gemeinden und  Nachkommen von Gemeindegliedern in Dankesbriefen an die Schule. Herbst bestätigte mir auch, dass die Kinder großen Spaß bei der Sache haben und auch den Eindruck haben bei der Erhaltung und Pflege zu helfen. „(Die Schüler) können es jetzt zum Beispiel gar nicht erwarten wieder zum Arbeitseinsatz auf den Friedhof zu gehen und fragen mich immer schon von selbst.“, erzählte mir Herbst. Die Schüler berichten Herbst auch, wie sie mit ihren Eltern den Friedhof besuchen, um ihnen ihre Arbeit zu beschreiben.
Dass die Arbeit der Patenschaft erfolgreich ist, kann ich auch durch eine andere Quelle belegen. Ich befragte drei Schüler des jetzigen zwölften Jahrganges, die damals als Schüler der Sollingschule bei der Pflege teilnahmen. Sie können sich noch gut an die Aufräumarbeiten auf dem Friedhof erinnern, die zwar anstrengend waren, aber ihnen auch Spaß gemacht haben. Sie berichten, dass ihnen als Kinder der Spaß an der Sache am wichtigsten war. Heute können sie aber auch rückblickend sagen, dass sie sicherlich auch eine Hilfe waren und dabei etwas lernten. Dazu gehörten allgemeine Dinge über das Judentum, aber auch spezielle Bräuche wie das Legen von Steinen auf die Grabsteine. Daran können sie sich heute noch erinnern.
Eine Besonderheit hat die Patenschaft: Die Arbeit soll keine öffentliche Aufmerksamkeit (zum Beispiel durch Zeitungsartikel) bekommen, denn sie soll auf keinen Fall dazu beitragen, dass Menschen auf die Idee kommen, den Friedhof auf irgendeine Art und Weise zu schänden. Dies ist auch der Grund, warum keine Schilder in Bodenfelde auf den Friedhof verweisen. In Absprache mit dem Landesverband Jüdischer Gemeinden soll der Friedhof nicht auffallen und somit auch zu nichts herausfordern.
Die Patenschaft erfüllt meiner Meinung nach ihren Zweck. Die Arbeit hat beidseitig einen positiven Effekt: Durch die Hilfe der Schüler wird der Friedhof erhalten und dient weiterhin jüdischen Nachkommen und auch der Allgemeinheit als Gedenkstätte. Auf der anderen Seite lernen die Schüler durch ihre Arbeit etwas über das Judentum, die deutsche Geschichte und über ihre Region.

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