für Uslar


Das Projekt Stolpersteine wurde in Uslar von der Sollingschule initiiert. Unter der Leitung von der Realschullehrerin Dagmar Pahlow und dem passionierten Historiker und Lehrer Detlev Herbst, der sich schon für ein Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Uslar in Form der Bennennung von Straßen in einem Neubaugebiet der Stadt eingesetzt hatte, recherchierten Schülerinnen und Schüler die Opfer der Nationalsozialisten in Uslar heraus.

Die SchülerInnen zeigten eine große Bereitsschaft zur Mitarbeit an dem Projekt vor allem deshalb, weil die Schule die Patenschaft für den jüdischen Friedhof in Bodenfelde von der früheren OS übernommen hatte  und der Jude Joseph Kahlberg, dessen Vorfahren aus Bodenfelde stammten, die Schule viele Jahre besucht hatte und den Schülern seine Erlebnisse und die Erlebnisse seiner Familie  während des Dritten Reiches geschilderte hatte. Ein Großteil der Schüler war so schon mit dem Thema vertraut und interessierte sich dafür.  
 
Eine solche Begeisterung Jugendlicher für das Projekt gab es auch an anderen Schulen. Die Jugendlichen traten mit Offenheit und Engagement für das Thema des Nationalsozialismus ein. Sie nehmen persönlich Anteil an den Schicksalen der Opfer und können so die Geschichte anschaulich und konkret nachvollziehen.
Mit Demnigs Projekt wird der Blick  „für die Gegenwart mit der in ganz Europa wieder wachsenden Tendenz zu Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit“ geschärft.

Stadtratdebatte um die Stolpersteinverlegung in Uslar 

„Die Gesamtkonferenz der Sollingschule hat am 12.12.2005 einstimmig beschlossen, sich mit dem Projekt „Stolpersteine“ an den Aktionen anlässlich des [1000-jährigen] Stadtjubiläums zu beteiligen“. 
Damals waren 17 Steinverlegungen in der Kernstadt Uslar geplant.
Die Projektgruppe, die für die Feier des Stadtjubiläums zuständig war, stellte den Antrag bei der Stadt Uslar, dass die Stolpersteine nicht während der Festveranstaltungen verlegt werden sollten. Der Ortsrat stimmte dem Antrag zu, dass die Verlegung der Steine gesondert 2007 stattfinden sollte, damit sie nicht untergehe. 

Grundsätzlich begrüßte auch der Schul- und Kulturausschuss der Stadt die Idee der Sollingschule. Doch bei der Festlegung des Zeitpunktes der Verlegung gab es unterschiedliche Auffassungen, die zu einer „hitzigen Diskussion“  führten. Die SPD- Fraktion forderte eine möglichst zeitnahe Verlegung und schlug als Termin den 9. November 2006, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, vor. Die CDU- und UWG-Fraktionen sprachen sich dagegen für eine Verlegung auf den 27. Januar, den Tag der Befreiung des KZ Auschwitz aus  und für eine erneute iskussion des Antrags in der neuen Legislaturperiode nach den Kommunalwahlen.  Außerdem verwies die CDU-Ortsratsfraktion in dieser Ausschusssitzung auf zwei weitere politisch Verfolgte, an die durch die «Stolpersteine» gedacht werden könnte.

Anfang März 2007 wurde die Verlegung von 13 «Stolpersteinen» gestattet, 11 für jüdische Einwohner und 2 für Personen, die wegen ihrer Gewerkschaftstätigkeit und Parteizugehörigkeit verfolgt wurden . 


Die Verlegung der «Stolpersteine» in Uslar

Am 23.01.2008 wurde anlässlich der Verlegung der «Stolpersteine» eine Feierstunde im historischen Uslarer Rathaus abgehalten. Sie wurde von Schülern mit Gedichten und Lehrern der Sollingschule mit Musik- und Redebeträgen in Absprache mit der Bürgermeisterin Martina Daske gestaltet. 

Unmittelbar im Anschluss fand die Verlegung statt: Jeder «Stolperstein» wurde in ein Loch mit 5 cm dickem Estrichbett eingepasst, mit Quarzsand und Portzement verfugt, eingeschlämmt und gesäubert. 
„Die Steine sind damit relativ sicher verlegt“   und können bei „fälligen Bauarbeiten [...] entfernt werden und hinterher an derselben Stelle wieder eingesetzt werden.“




Jüdisches Leben in Uslar

Im 13. Jh. wurde erstmals ein Jude im Solling erwähnt und 1403 wurde von dem ersten Juden in Uslar berichtet. Die Ausübung handwerklicher Berufe und ordentlichen Handelns war ihnen damals untersagt, weshalb die wohlhabenderen Juden mit Geld- und Kreditgeschäften und die ärmeren Juden mit Trödelhandel ihren Lebensunterhalt bestritten.
Erst 1750 wurde ein Betraum in Bodenfelde eingerichtet.  Die Bodenfelder Juden eröffneten 1819 eine jüdische Elementarschule, die im Laufe der Zeit einen sehr guten Ruf erlangte.  Ein jüdischer Friedhof wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Bodenfelde angelegt.  Als die Synagoge 1825 eingeweiht wurde, gab es 70 gläubige Juden in Bodenfelde.

1848 wurden den Juden bürgerliche und politische Rechte gewährte, wodurch sie auch ihren Wohnort frei bestimmen konnten.  Bis zum Jahre 1860 war der Integrationsprozess der Juden im Solling soweit fortgeschritten, dass es sogar zu Vereinsgründungen mit den christlichen Mitbürgern kam, wie die Gründung des Bodenfelder Gesangvereins zeigt. 

Aus der jüdischen Gemeinde Bodenfelde gingen sehr viele bedeutende Persönlichkeiten, wie beispielsweise Dr. Jakob Freudenthal, der Inhaber des philosophischen Lehrstuhls an der Universität Breslau, hervor.
Nach 1867 zogen mehrere jüdische Familien von Bodenfelde in die Stadt Uslar und eröffneten in der Innenstadt Manufakturwarengeschäfte. Sie wurden zu angesehenen und geschätzten Bürgern der Stadt und „leisteten einen bedeutenden Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Sollings“. In Uslar bildete sich 1887 eine Filialgemeinde  mit einem Betraum in Uslar. 

Im ersten Weltkrieg hatten mehrere Mitglieder „als Kriegsfreiwillige gedient, um dadurch auch ein sichtbares Bekenntnis zu ihrem Vaterland Deutschland abzulegen.“
„97% der Einwohner waren [im Jahre 1932] evangelisch-lutherischen, 1,6% katholischen und 0,6% jüdischen Glaubens. [...] Die wirtschaftliche und kommunalpolitische Bedeutung der 4 jüdischen Familien in Uslar war allerdings groß, da nicht nur die Möbelfabrik Neugarten und Eichmann, sondern u.a. auch erhebliche Teile des Uslarer Textilhandels (Calberg, Freudenthal) in jüdischem Besitz waren.“
Die Juden lebten mit den christlichen Menschen nachbarschaftlich zusammen und waren gemeinschaftlich eingebunden.

Am 1. April 1933 erreichte auch Bodenfelde und Uslar der Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte: Es wurden Fensterscheiben eingeworfen und man kaufte nicht mehr in jüdischen Geschäften. Daraufhin suchten viele der im Solling lebenden Juden Zuflucht bei Verwandten in größeren deutschen Städten.  „Einst angesehene Bürger, wie die Familie Kahlberg aus Uslar, wurden mit schadenfrohen «Schmähartikeln» in der lokalen Zeitung «verabschiedet».“

Die Synagogengemeinde Bodenfelde/Uslar wurde 1937 aufgelöst und die Synagoge verkauft. Die Reichspogromnacht verlief in Uslar sehr ruhig, da außer einer jüdisch stämmigen Apothekerin keine Juden mehr in der Stadt waren. In Bodenfelde wollten SA-Truppen die ehemalige Synagoge abbrennen, der neue Eigentümer verhinderte dies dadurch, dass er sie als Scheune nutzte. 1939 wurde der jüdische Friedhof  in Bodenfelde verwüstet.
Die letzten jüdischen Einwohner Bodenfeldes (das greise Geschwisterpaar Kahlberg) wurden am 20. Juli 1942 deportiert. 1949 kehrte Hans Kahlberg nach jahrelanger Inhaftierung in den Konzentrationslagern Auschwitz und Mauthausen nach Uslar zurück, um das väterliche Geschäft wieder zu eröffnen.



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