und ihre Wirkung


Die Stolpersteine: "Ein dezentrales Monument" 

Das Projekt «Stolpersteine» wurde von Gunter Demnig selbst als «dezentrales Monument» bezeichnet. Monument kommt von dem lateinischen Verb monere, was «ermahnen»heißt.
Als Monument wird ein großes Denkmal, Ehren- oder Mahnmal bezeichnet.  Es ist also ein Denkmal-Typus, „der vor allem durch die große Form, durch Herrschaftsgebärden und durch stadtzentrale, prominente Platzierung unterstrichen wird“. Heute hat ein «Monument» immer einen negativen Beigeschmack, da es u.a. für veraltet gehalten wird.

Viele aktuelle Mahnmale haben sich von traditionellen Formen gelöst, da ein Mahnmal  „die Bürger auffordern (soll), nicht nur der Opfer historischer Ereignisse zu gedenken, sondern die Ereignisse selbst und die daraus gewonnen Erfahrungen als Mahnung für die Gegenwart zu begreifen“. 
„Erinnerungsarbeit hat sich jahrzehntelang an konkreten Orten orientiert und eine Vielfalt von gesellschaftlichen, pädagogischen und künstlerischen Formen der Auseinandersetzung hervorgebracht.“ 
Durch viele zentrale Gedenkstätten, wie z.B. das «Denkmal für ermordete Juden Europas» im Berliner Regierungsviertel,  wird der Bundesrepublik Deutschland vorgeworfen sie stelle den Holocaust nur aus ihrer Sicht dar und fordere keine offene Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.
Obwohl jeder einzelne «Stolperstein» auf den Gesamtprozess der Ausgrenzung, Vertreibung, Deportation und Ermordung verweist, sind  «Stolpersteine» im doppelten Sinne dezentral, da sie erstens vor den ehemaligen Wohnhäusern der Opfer und zweitens für ein Individuum verlegt werden.

Für Demnig gehören die «Stolpersteine» zu dem Fragenkomplex : „Wie konnte das alles nur so perfekt funktionieren und wer hat etwas gewusst oder gesehen?“
Konkrete Erinnerungsorte, wie die Stolpersteine, zeigen die Veränderungen des Lebenswegs einer einzelnen Person durch die nationalsozialistische Verfolgungs- und Vernichtungspolitik auf. 
„Der für die «Stolpersteine» gewählte Ort – jeweils der Gehweg vor der Haustür – führt das Gedenken zurück bis an die Grenze des privaten Raumes, an die Schwelle zwischen Haus und Straße, Innen- und Außenraum, Geborgenheit und Verfolgung, Individualität und Anonymität.  ... Die Anfänge der Gewalt vollzogen sich nicht in fernen Lagern oder in Gefängnissen, sondern mitten im Quartier (Wohnumfeld)“.

Das Beste für ein Denkmal ist eine lebendige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, da Gedenkkunst diese nur ergänzen und nicht ersetzen kann. Am besten kann dies erfolgen, wenn ein Denkmal wie die «Stolpersteine» pädagogische und kommunikative Eigenschaften mit historischem Erinnern verbindet.  Die Erwartung eines in die Höhe ragenden Monuments wird bei den «Stolpersteinen» nicht erfüllt.  Der Künstler  verzichtet absichtlich auf die traditionelle Denkmalform,  um „durch Kunst Impulse zur Veränderung der Wirklichkeit zu geben“.  Dabei vertraut er auf die Eigeninitiative und Vorstellungskraft des Betrachters.

 
Das Projekt lässt sich demnach auch als «Gegendenkmal» klassifizieren. Der Begriff «Gegendenkmal» wurde von James E. Young geprägt und steht für eine Denkmalsform , „die eine konzeptionelle Alternative zum traditionellen Verständnis eines dauerhaften, in sich ruhenden, ewige Wahrheiten verkündenden Mahnmals“  darstellt.
Das Projekt hat sich zu einem Vorhaben entwickelt, für das wegen neuer Anfragen und Anstöße in absehbarer Zeit kein Ende in Sicht ist («work in progress»).

"Ein Blick der Messingplatte, ein kleines Hindernis auf dem Wege des Vergessens."

Gunter Demnig fühlt sich durch die große Nachfrage bestätigt und ist stolz auf sein Projekt, da es bei Stadtführungen erwähnt wird. Es sind jedoch unterschiedliche Reaktionen auf die «Stolpersteine» zu erkennen. Es gibt sowohl sehr lobende Worte und Unterstützung, z.B. durch den Zentralrat der Juden , als auch negative Meinungen, wie sie beispielsweise ein Passant vertrat, der meinte, „dass die Angehörigen der Opfer heute Millionen abkassieren würden“.

Um dieses Projekt zu verhindern, wird meist etwas konstruiert. Wie beispielsweise in Leipzig, wo das Projekt auf Ablehnung stieß mit der Begründung, die «Stolpersteine» erinnern zu sehr an den Hollywood Boulevard in L.A.. Es gab auch Vandalismus,  aber selbst, wenn ein Stein beschmutzt oder zerstört wird, bleibt die Seele des Menschen unberührt und kann nicht verletzt werden. Außerdem hat Demnig festgestellt, dass Menschen in der eigenen Wohnumgebung öfter stehen bleiben und nachfragen.

Detlev Herbst sagte, dass die «Stolpersteine»  nicht in Vergessenheit geraten werden, da man etwas Glänzendes am Boden immer beachten wird und gedanklich darüber stolpern kann.
Der Vertreter der jüdischen Gemeinde Göttingen bei der Verlegung der Stolpersteine, Harald Jüttner, erfuhr von Gunter Demnigs «Stolpersteinen» bei einer Vorstellung des Projekts in Göttingen. Als er von Detlev Herbst über die Planung für eine Stolpersteinverlegung in Uslar informiert wurde und dieser ihn um Zustimmung bat, konnte er diese vorbehaltlos geben.
An dem Projekt schätzt er vor allem die pädagogische Zielsetzung. Auch für seine eigene Gemeinde wünscht er sich eine solche Verlegung in Kooperation mit einer Schule, in der Gemeinde gab es jedoch  „Widerspruch einer kleinen Gruppe, weshalb eine Ratsinitiative [...] zunächst zurückgestellt wurde.“  Für ihn sind die Stolpersteine „ein Stück unverzichtbarer Erinnerungsarbeit“.

Klaus Kreikemeier, Sohn von Otto Kreikemeier, empfand die Feier im Rathaus als „sehr ergreifend und überzeugend, mit welchem Aufwand alles für die Feierstunde vorbereitet worden ist“.  Er war sehr beeindruckt von der zahlreichen Teilnahme der Jugendlichen und Erwachsenen.  „Die Idee der Verlegung der Stolpersteine ist meines [seines] Erachtens vorzüglich geeignet vergangene Geschehnisse aufrechtzuerhalten nach der Vorgabe: Ein Blick der Messingplatte (Stolperstein), ein kleines Hindernis auf dem Wege des Vergessens“.

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